Das Autojahr 2010 in Bayern

Präsident und Landesinnungsmeister Klaus Dieter Breitschwert, MdL (links) und Pressesprecher Uwe Trautmann (rechts) beim Pressegespräch 2011

[17.03.2011] 

Statement Klaus Dieter Breitschwert, MdL, Präsident und Landesinungsmeister Kraftfahrzeuggewerbe Bayern

Vorbemerkung

Das zurückliegende Autojahr war erfreulich stabil. Dass nach dem Jahr der Abwrackprämie eine Beruhigung des Marktes eintreten würde, war klar.

Die Situation im Kfz-Gewerbe stellt sich aber deutlich besser dar als in den Jahren zuvor.

Der Neuwagenbereich blieb im erwarteten Rahmen, die Besitzumschreibungen haben 2010 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 5,4 Prozent zugelegt. Die Werkstattauslastung verlief stabil auf hohem Niveau.

Erfreulich auch die Entwicklung bei den Bilanzen unserer Unternehmen:  Sowohl bei Neuwagen als auch bei Gebrauchtwagen haben sich die Gewinne deutlich verbessert. 

Betrachtet man die ersten zwei Monate des Jahres 2011, so hält die erfreuliche Entwicklung an: Bei den Neuwagen haben wir ein Plus von fast 17 Prozent gegenüber 2010 und im Gebrauchtwagenbereich sogar ein Plus von über 20 Prozent.

 

Der Automarkt Bayern

Nach dem Jahr der Abwrackprämie, welches differenziert insbesondere Betrieben mit Kleinwagen im Angebot begünstigte, konnte im Jahr 2010 nach einer jahrelangen Durststrecke wieder eine positive Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals erzielt werden.

Die Umsatzerlöse im bayerischen Kfz-Gewerbe mit den Sparten Neu- und Gebrauchtwagenhandel sowie Kfz-Serviceleistungen sanken nach 19,6 Milliarden im Vorjahr auf 19 Milliarden Euro (- 2,97%).

 

Neuwagenbereich

Der PKW-Neuwagenbereich zeichnet dabei mit einem Umsatzrückgang um 12,25 Prozent auf nun 7,621 Milliarden Euro besonders verantwortlich.

Insgesamt sind in Bayern in 2010 633.191 Pkw, Lkw und Zugmaschinen neu zugelassen worden (Vorjahr: 789.498), wovon auf den Pkw-Bereich 544.668 Einheiten entfielen (Vorjahr: 706.095). Hier sorgte der Wegfall der Abwrackprämie für einen Rückgang von 22,86 Prozent bei den Pkws gegenüber dem Jahr der Abwrackprämie 2009. Gegenüber 2008 sank die Zahl der verkauften neuen Pkws um 10 Prozent. Wir mussten damit bei den Neuzulassungen das schlechteste Jahr seit 2003 hinnehmen.

Dabei werden auch nur noch 60% über den ordentlichen Handel abgesetzt. 40% vertreiben Hersteller und Importeure direkt an Flotten und Leasinggesellschaften wie Sixt, eigene Arbeitnehmer oder über eigene Niederlassungen (flagshipstores)

Erfreulich war die Entwicklung im Lkw-Neuwagenhandel: Hier hat die wirtschaftliche Erholung zu einer erhöhten Nachfrage an neuen Nutzfahrzeugen geführt. Gegenüber 32.701 Einheiten 2009 konnten im Jahr 2010 38.792 Fahrzeuge (+ 18,60%) verkauft werden. Die Tatsache, dass der Umsatz im Lkw-Neuwagengeschäft um über ein Drittel stieg, zeigt, dass in den Krisenjahren massive Rabatte eingeräumt wurden, um das Geschäft überhaupt am Leben zu erhalten!

 

Gebrauchtwagenmarkt

Im Gebrauchtwagenwagenmarkt konnte im markengebundenen Handel eine Steigerung der Umsätze in Höhe von knapp 3 Prozent erzielt werden, während diese im freien Gebrauchtwagenhandel um 1,7 Prozent zurückgingen.

Verbraucher kaufen verstärkt beim unternehmerischen Handel, um gesetzliche Gewährleistung (Sachmangelhaftung) und Garantieangebote in Anspruch nehmen zu können.

Die Besitzumschreibungen 2010 - insgesamt in allen Fahrzeugbereichen - stiegen erfreulicherweise um 5,4 Prozent auf 1.178.301 in Bayern (Vorjahr: 1.118.142).

Im Bereich Pkw erzielen wir erstmals seit 2006 wieder ein Wachstum und ebenfalls seit 2006 erstmals wieder den Sprung über die Millionengrenze. Bei nun 1.020.213 Pkws verzeichnen wir gegenüber 962.464 Fahrzeugen 2010 ein Plus von 6 Prozent.

 

Zusammenfassung Handel

Das Wirtschaftsjahr 2010 war zufriedenstellend. Durch die starke Auslandsnachfrage nach Pkw waren kaum Überkapazitäten auf dem heimischen Markt. Bei Überkapazitäten versuchen die Hersteller nach Möglichkeit, diese am Heimatmarkt zu platzieren, was zu sinkenden Margen im Handel führt.

Der Handel selbst hat bereits 2009 auf den zu erwartenden Rückgang der Nachfrage nach der Abwrackprämie reagiert und seine Bestände für 2010 angepasst. Dadurch konnten notwendige Margen erzielt werden. Hier zeigt sich nach der „schwarzen Null“ des letzten Jahres eine Umsatzrendite von 1,3 bis 1,5 Prozent.

 

Prognose Handel 2011

Es wird eine Stabilisierung der Lage für 2011 nach der Abwrackprämie und dem darauf folgenden nachfrageschwachen Jahr erwartet.

Im Neuwagengeschäft erwarten wir 580.000 Pkws, im Bereich des Gebrauchtwagenhandels rechnen wir mit 1.050.000 Pkws, weil Verbraucher weiterhin verstärkt beim unternehmerischen Handel kaufen, um gesetzliche Gewährleistung (Sachmangelhaftung) und Garantieangebote in Anspruch nehmen zu können.

Die niedrige Arbeitslosenquote und die gute Wirtschaftslage tragen zur Investitionsneigung bei Verbrauchern bei. Dies wird sich auch auf den Kfz-Bereich auswirken!

 

Bewertung

Das Ergebnis des Neufahrzeughandels trägt den geringsten Anteil zum Ergebnis bei, löst aber die höchsten Kosten aus. Hersteller verlangen hohe CI-Investitionen von den Vertragshändlern, dessen Amortisation eher fraglich erscheint. Die Kreditversorgung ist auch deshalb als schwierig zu bezeichnen. Eine Lösung wäre ein gesetzlicher Investitionsschutz nach österreichischem Vorbild (§ 454 UGB). Demnach hat ein Händler, der zu Investitionen verpflichtet ist, Anspruch auf Ersatz, sofern eine Amortisation nicht möglich ist. Alternativ zu dieser nationalen Lösung ist eine Veränderung der Handelsvertreterrichtlinie auf europäischer Ebene vorstellbar.

Das wären Rahmenbedingungen, die dem Kfz-Gewerbe eine gute und vor allem faire Zukunft geben könnten, gerade deshalb, weil die geforderten Millioneninvestitionen eben nicht bei einer 6-monatigen Kündigungsfrist der Händlerverträge, wie sie ab 2013 automatisch gelten wird, zu verantworten sind. 

 

Das Service- und Werkstattgeschäft in Bayern

Die Werkstattauslastung war 2009 mit 76% zufriedenstellend und auf stabilem Niveau. Blickt man auf die aktuellen Bestandszahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes, so hat sich die Gesamtzahl der in Bayern registrierten Pkw zum Stichtag 1. Januar 2011 um 1,4 Prozent auf 6.958.119 Fahrzeuge erhöht.

Ein fortbestehender Hang zur Sparsamkeit bei den Verbrauchern findet sich auch in den Berichten der Überwachungsorganisationen über die durchgeführten Hauptuntersuchungen, die auf eine erhebliche Zunahme der Mängel aufgrund von Wartungsrückstand hinweisen.

 

HU-Mängelstatistik

Nach Angaben der Prüforganisation GTÜ ist der Zustand vieler älterer Fahrzeuge alarmierend: Bei den im Rahmen der Hauptuntersuchung geprüften Pkw stellten die Prüfingenieure an 51,7 Prozent der Autos Mängel fest. 18,8 Prozent erhielten wegen erheblicher Mängel keine HU-Plakette.

 „Die Jahr für Jahr steigenden Zahlen der Pkw mit erheblichen Mängeln sind besorgniserregend. Denn diese Fahrzeuge erhöhen das Unfallrisiko.“ Ein Grund für den schlechten Zustand der Autos sei, dass viele Fahrzeughalter aus finanziellen Gründen notwendige Reparaturen und Wartungen nicht mehr durchführen ließen.

 

Abzugsfähigkeit der Lohnleistungen von der Einkommensteuer

Die Vernachlässigung von Wartungsarbeiten an Pkw insbesondere durch Verbraucher führt also zu möglichen Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit im Allgemeinen. Der steten Zunahme von wesentlichen Mängeln bei der Hauptuntersuchung muss entgegengewirkt werden. Eine Erweiterung der steuerlichen Abzugsfähigkeit für Lohnarbeiten an Pkw wäre eine hervorragende Möglichkeit, das ortsansässige Handwerk wie auch die Verkehrssicherheit zu fördern.

Gleichzeitig würde die Maßnahme der im Kfz-Handwerk noch stark verbreiteten Schattenwirtschaft entgegenwirken.

 

Werkstattauslastung / Stundenverrechnungssätze

Im Service- und Werkstattgeschäft 2010 stagnieren die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze (incl. Umsatzsteuer und in Euro) im Freistaat nahezu. Angesichts der zunehmenden Komplexität der Werkstattleistungen werden Veränderungen erfolgen. Diese Entwicklung ist grundsätzlich begrüßenswert, da bei Stundenverrechnungssätzen von unter 50 Euro unter Berücksichtigung aller anfallenden Kosten an der Qualität der Arbeit im Allgemeinen und der Qualität der unternehmerischen Fähigkeiten gezweifelt werden muss.

Die Werkstattauslastung wird dieses Jahr stabil bei ca. 78% erwartet.

Die Stundenverrechnungssätze werden 2011 leicht zulegen. Steigende Lohnkosten und notwendige Ersatzinvestitionen sind hierfür ursächlich.

 

Ausblick Wirtschaftsjahr 2011

Die betriebswirtschaftliche Situation sollte sich im Jahr 2011 verbessern und dem bayerischen Kfz-Gewerbe positive Ergebnisse bescheren. Dabei wird es eine große Rolle spielen, wie die Verbraucher mit dem vorliegenden Wartungsstau an Pkws verfahren werden. Falls die Tendenz zur Schattenwirtschaft geht, werden die notwendigen Ertragszuwächse im Gewerbe schwächer ausfallen.

 

Mitarbeiterentwicklung im Kraftfahrzeuggewerbe Bayern

Zum 30. Juni 2010 waren im Kraftfahrzeuggewerbe Bayern 114.727 Männer und Frauen beschäftigt (6/2009: 115.329 Personen). Die Beschäftigungslage war in den überwiegend inhabergeführten Betrieben damit nahezu stabil.

Ein jahrelang ausgebildeter Mitarbeiter der die Prozesse des Autohauses kennt, ist ein Kapital, von dem man sich nicht leichtfertig trennt. Darin zeigt sich auch gelebte Solidarität unserer mittelständischen Struktur!

 

Ausbildung Handel / Handwerk

Im Kfz-Gewerbe werden zusätzlich ca. 16.000 Jugendliche überwiegend in den folgenden Berufen ausgebildet:

•             Kfz-Mechatroniker

•             Mechaniker für Karosserieinstandsetzung

•             Automobilkaufmann

•             Bürokaufmann 

Im Freistaat sind 20010/2011 im Bereich der technischen Berufe 12.798 Jungen und Mädchen in der Ausbildung (2009/2010: 13.123), im Beruf des Automobilkaufmanns/frau  1.518 (2009/2010: 1.631). Nimmt man die weiteren kaufmännischen Ausbildungsberufe in den Autohäusern hinzu, kommen wir erneut auf fast 16.000 Ausbildungsplätze in Bayern.

Trotz dieses leichten Rückgangs bieten unsere Betriebe damit erneut eine hervorragende Ausbildungsquote. Wieder zeigt sich unsere mittelständisch geprägte Branche als zuverlässiger Partner in Sachen Ausbildung!

 

Ausbildung: Herausforderung für die Zukunft!

Das Kfz-Gewerbe versucht den hohen Bedarf an qualifizierten Fachkräften durch eine ausreichende Anzahl an Ausbildungsplätzen zu decken. Die zunehmenden Anforderungen in einem hochtechnisch anspruchsvollen Beruf können aber nicht immer von den Bewerbern erfüllt werden, so dass Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können.

Eine große Anzahl der ausgebildeten Kräfte wandert in die Kfz-Industrie ab, deren Vergütungsstrukturen vom Handwerk nicht mitgetragen werden können.

Das bayerische Kfz-Gewerbe ist deshalb sehr stark in der Ausbildung engagiert und wirbt um Nachwuchskräfte: Sei es hier auf der IHM, sei es bei Regional- und Lokalmessen als auch mit dem bayernweiten Bewerbereignungstest beziehungsweise beim Girl’s Day.

 

Kraftfahrzeuggewerbe Bayern

Das Kraftfahrzeuggewerbe Bayern ist der Zusammenschluss der sieben bayerischen Kraftfahrzeuginnungen. Die Anzahl der Betriebe ist seit Jahren nahezu konstant. Im Kfz-Technikerhandwerk sind 12.265 Meister in der Handwerksrolle eingetragen. Davon betreiben ca. 10.000 ein nachhaltiges Gewerbe. Über 7.200 Betriebe sind über die Innungen des bayerischen Kfz-Gewerbes organisiert.

Unsere Innungen sind die Basisorganisation der berufsständischen Vertretungen unserer Branche. Sie haben den direkten Kontakt zu den Mitgliedern, den Betrieben. Im regionalen Kontext sind sie für die Wahrnehmung der Mitgliederinteressen zuständig und haben vielfältige hoheitliche Aufgaben zu erfüllen, die sie von staatlicher Seite übertragen bekommen haben.

Das Kraftfahrzeuggewerbe Bayern ist ein starker Verbund, der sich auch selbstbewusst präsentiert. Dieses zeigt sich zum Beispiel auch in einer gemeinsamen bayernweiten Radio-Werbung für unsere Meisterbetriebe, die wir im  Freistaat in den Regionalsendern aktuell und im Herbst drei Wochen platziert haben mit dem Motto  „klasse Autos – bester Service – fairer Preis“!   

 

Tankstellengewerbe Bayern

Die Situation im Tankstellengewerbe ist unbefriedigend.  Die Anzahl der Tankstellen in Bayern bewegt sich, nach dem dramatischen Rückgang um 20% der Betriebe, nach Erhöhung der Mineralölsteuer als so genannte Ökosteuer und einhergehenden nicht wettbewerbsfähigen Preisen zu Österreich, auf stabilem Niveau bei 2.400 Tankstellen. Davon vertreiben knapp 1.000 Tankstellen auch Autogas.

Das durchschnittliche Einkommen der Tankstellenbetreiber liegt weiterhin auf niedrigem Niveau bei ca. 32.000 Euro vor Steuern, Vorsorgeaufwendungen und kalkulatorischem Unternehmerlohn.

Die Anhebung der Mineralölsteuer in Österreich hat die Wettbewerbssituation der grenznahen Tankstellen leicht verbessert, jedoch wird es zu keinem Zuwachs an Tankstellen im bayerischen Grenzgebiet mehr kommen. Die Mineralölwirtschaft hat eine Vielzahl an Stationen in Grenznähe in Österreich errichtet.

Sollte es zu einem Alkoholverkaufsverbot an bayerischen Tankstellen kommen, würde dieses zu einer weiteren Verschlechterung der betriebswirtschaftlichen Situation führen. Nicht weil der Alkoholverkauf bedeutende Erträge bringt, sondern weil der zusätzliche Erwerb von Reisebedarf (Snacks, nichtalkoholische Getränke) durch Impulskäufe entfallen würde.

In diesem Zusammenhang wünsche ich mir, dass die Politik wie die Verwaltungen in den Kommunen unsere Bemühungen in Sachen Jugendschutz mehr honorieren würden. Es geht nicht an, eine gesellschaftliche Problematik wie das „Komasaufen“ allein auf dem Rücken der Tankstellenbetreiber lösen zu wollen. Dies gelingt nicht, hat aber schwerwiegende Auswirkungen auf die Branche.

Maßgebliche Ursache für die seit Jahren bestehende katastrophale wirtschaftliche Lage ist die überwiegend schutzlose Situation der Tankstellenbetreiber vor betriebswirtschaftlich nachteiligen Vertragsänderungen durch Mineralölgesellschaften.

So erfährt die an die Mineralölwirtschaft zu erbringende Pachtzahlungen bei steigenden Einkommen der Tankstellenbetreiber häufig eine Erhöhung. Würde eine solche nicht akzeptiert, droht den Tankstellenbetreibern die Vertragskündigung mit einer sechsmonatigen Frist.

Diese einer sozialen Marktwirtschaft unwürdige Situation haben wir immer wieder angeprangert, auch gegenüber dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium. Uns ist es nun gelungen, über den Wirtschaftsminister Brüderle die Thematik zum Gegenstand einer Diskussion im Bundeswirtschaftsministerium zu machen. Auch der neue Bundesinnenminister Dr. Friedrich hat sich als CSU-Landesgruppenchef eindeutig für Verbesserungen im Sinne der Tankstellenbetreiber geäußert.

Hier hofft das gesamte Tankstellengewerbe auf verbindliche Schutzmaßnahmen.

 

Schlussbemerkung

Das Kraftfahrzeuggewerbe Bayern hat erneut ein aufregendes Jahr hinter sich und geht mit erwartungsvollem Optimismus in das laufende Jahr. Unsere Kunden können sich dabei auf eines verlassen: Ihr Kfz-Meisterbetrieb vor Ort wird sie fachmännisch in allen Fragen beraten.

Letzte Änderung: 17.03.2011Webcode: 0041809