Erfolgreicher Verbandstag des bayerischen Kraftfahrzeuggewerbes

[19.10.2018] Weißenstadt/München. Das Kraftfahrzeuggewerbe in Bayern hat auf seinem Verbandstag 2018 die Weichen für die inhaltliche Arbeit im kommenden Jahr gestellt. Am Vorabend der Landtagswahl informierten sich die Delegierten aller bayerischen Kfz-Innungen dazu über die aktuellen Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung rund um den Dieselantrieb und diskutierten die politischen Rahmenbedingungen für die rund 7.000 Kfz-Innungsbetriebe im Freistaat.

Begrüßt wurden die insgesamt rund 100 Delegierten, Mitarbeiter und Gäste des bayerischen Kfz-Gewerbes in Weißenstadt durch die Regierungspräsidentin von Oberfranken, Heidrun Piwernetz. Neben der Rolle von Automobilzulieferern für die Region stellte die Regierungspräsidentin dabei auch die Bedeutung des Kraftfahrzeuggewerbes für den Arbeitsmarkt in Oberfranken heraus: „Sie sprechen junge Menschen mit attraktiven Ausbildungs- und Arbeitsplätzen an“, sagte Piwernetz. „Sie sorgen dafür, dass sich die Räder drehen.“

Es gibt fast 1.000 Lehrverhältnisse in den rund 1.400 Kfz-Betrieben in Oberfranken. „Damit ist eine Ausbildung im Kfz-Gewerbe in Oberfranken der beliebteste Ausbildungszweig überhaupt“, sagte Andreas Tröger, Obermeister der Kfz-Innung Oberfranken und Gastgeber des Verbandstags. Ebenso wie Regierungspräsidentin Piwernetz wünschte er allen Teilnehmern eine erfolgreiche Tagung.

Renommierter Gastredner

„Der Dieselmotor ist viel besser als sein Ruf.“ Davon zeigte sich Professor Dr. Thomas A. Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), in seinem Gastvortrag überzeugt. „Wir werden den Diesel für die Einhaltung von CO2-Grenzwerten noch Jahrzehnte brauchen.“ Koch ist einer der versiertesten Experten Deutschlands im Bereich der Dieseltechnik. Als Sachverständiger hat er unter anderem den Deutschen Bundestag im Zuge der Dieselkrise beraten.

Kochs These: Spätestens mit den neuesten Dieselmotoren der Euro 6d-TEMP-Generation sei die Einhaltung der Stickoxid-Immissions-Grenzwerte in den Städten problemlos möglich, mit gut überarbeiteten 2014er Euro 6-Modellen ebenfalls. „Technisch sind wir schon lange auf sehr gutem Wege, die jetzigen Probleme zu lösen. Wir brauchen lediglich mehr Zeit, da diese Lösungen weder durch den Austausch der Dieselflotte, noch durch Nachrüstungen bis zu möglichen Fahrverboten 2019 umgesetzt werden können“, sagte Koch. Er regte beispielsweise ein Memorandum an die EU an, in dem um mehr Zeit gebeten wird. „Wir befinden uns quasi im Zielanflug, aber mit möglichen Fahrverboten kommt der wichtigen Technologie die ganz große Keule dazwischen.“

Öffentliche Debatte "hochideologisch"

Auch zur Diskussion um die Stickoxidmessstellen – beispielsweise an der Landshuter Allee in München – bezog Koch Stellung. „Messstationen können da stehen, wo sie stehen, jedoch ist die teilweise kommunizierte Panikmache absolut verfehlt.“  Die öffentliche Debatte in diesem Bereich sei „hochideologisch“. Als Beispiel nannte er die Belastung einer 50-Quadratmeter-Wohnung mit Stickoxiden, wenn dort ein Adventskranz mit vier Kerzen brennt: „Diese ist spätestens nach einer halben Stunde höher als an den höchstbelasteten Messstellen in Deutschland.“

Mit Blick auf die politische Diskussion nahm Koch die Akteure jedoch teilweise in Schutz: „Die jetzige Politikergeneration kann nichts für die aktuelle Situation.“ Hier seien bereits vor über zehn Jahren gravierende Fehler gemacht worden. Grundsätzlich sei aufgrund der mehrjährigen Entwicklungszyklen langfristige Planungssicherheit wichtig. Einzelne Automobilhersteller hätten ein „indiskutables Verhalten“ an den Tag gelegt, andere „teilweise schlecht priorisiert und entwickelt“. Die Politik müsse sich vorwerfen lassen, dass entsprechende Gesetze „viel zu spät erst fertig werden“.  Kochs Fazit: „Es kann sicher nicht sein, dass jetzt die Kfz-Händler und Kunden die Leidtragenden sind.“

"Diesel-Kompromiss ist ein bürokratisches Ungetüm"

Albert Vetterl, Präsident und Landesinnungsmeister des bayerischen Kfz-Gewerbes, begrüßte diese Schlussfolgerung ausdrücklich: „Wir brauchen dringend eine Lösung der Dieselkrise.“ Der zuletzt von der Bundesregierung vorgestellte Kompromiss aus Hardware-Nachrüstung in 14 besonders betroffenen Städten und Umtauschprämien sei ein „undurchschaubares Wirr-Warr und ein bürokratisches Ungetüm“. Bayerns Kfz-Gewerbe sieht daher weiter auch Bayerns Staatsregierung in der Pflicht, sich für die Interessen der rund 7.000 mittelständischen Betriebe einzusetzen. „Das bayerische Kfz-Gewerbe vertraut darauf, dass Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder das Thema weiterverfolgen wird, so wie er es vor der Landtagswahl angekündigt hat“, sagte Vetterl.

Neben der Dieselkrise zog Vetterl auch eine Bilanz seines ersten Jahres als Landesinnungsmeister und Präsident des bayerischen Kfz-Gewerbes. Ihm und dem gesamten Vorstand sei es wichtig gewesen, die „Wünsche und Anliegen unserer Innungen ernst zu nehmen“. Dazu habe er viele persönliche Gespräche vor Ort geführt. „Wir haben eine konstruktive Gesprächskultur verfestigt. Sowohl innerhalb unserer bayerischen Innungen, als auch nach außen zum Bundesverband des Kfz-Gewerbes“, sagte Vetterl. Er dankte den Kfz-Innungen für die sehr gute Arbeit im Interesse der Mitgliedsbetriebe und lobte deren Einsatz für ihre Kunden. „Wir haben 120.000 bestens qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und rund 15.000 Auszubildende in den kfz-spezifischen Berufen. Wir brauchen uns nicht verstecken oder klein machen“, sagte Vetterl. Bayerns Kfz-Gewerbe hat 2017 insgesamt rund 35 Milliarden Euro zur Wirtschaftskraft des Freistaats Bayern beigetragen.

Letzte Änderung: 19.10.2018Webcode: 0121996