Kfz-Gewerbe Bayern zu Zulassungsstellen: "Situation ist eine Katastrophe"
[06.08.2020] München. München. Bayerns Autofahrer und Kfz-Händler müssen bei der Neuzulassung von Autos auch lange nach Ende des Corona-Lockdowns weiterhin viel Geduld aufbringen. Heinrich Nadler betreibt ein Autohaus in Eresing zwischen Landsberg am Lech und Fürstenfeldbruck. Nach dem Ende der politischen Diskussion um Kfz-Kaufprämien und Mehrwertsteuersenkung zieht nun das Verkaufsgeschäft bei ihm langsam wieder an. Aktuell könnte Nadler daher etwa 10 Fahrzeuge in den beiden Landkreisen sofort ausliefern – wenn das denn möglich wäre.
„Bei der Kfz-Zulassungsstelle in Fürstenfeldbruck wird höchstens Dienst nach Vorschrift gemacht“, sagt Nadler. „Da erfahren wir keine Unterstützung, es gibt kein konstruktives Miteinander, keine Rückmeldungen – nichts. Das ist Wartezeit im Blindflug.“ Im Gegensatz zu Landsberg würden sich Zulassungen in Fürstenfeldbruck immer wieder um mehrere Tage verzögern, auch aufgrund von Fehlern in der dortigen Sachbearbeitung. „Dass mal Schreibfehler passieren – das kommt vor, das ist nicht schlimm. Aber wenn wir das zeitnah ändern lassen wollen, damit unser Kunde endlich sein Auto bekommt, und es dann heißt: ‚Die Dame, die das bearbeitet, ist nicht da, das geht nicht‘ – das ist unfassbar“, sagt Heinrich Nadler.
Die mangelnde Leistungsfähigkeit vieler Kfz-Zulassungsstellen wird dabei für die mittelständisch geprägten Autohäuser zur finanziellen Belastungsprobe. „Die Autos, die wir verkauft haben, aber noch nicht zulassen können, sind voll von uns vorfinanziert“, erklärt Andreas Schlöffel, der ein Autohaus in Kirchseeon östlich von München betreibt. Geld vom Kunden gebe es aber erst, wenn der Kaufvertrag erfüllt ist – also das Auto zugelassen übergeben wird. Außerdem hätten manche Kunden ihre alten Leasingfahrzeuge schon zurückgegeben, wollten nun aber mit dem Auto verreisen. Solche Situationen sorgen für Frust beim Autofahrer – den der Händler dann zu spüren bekommt: „Wir stehen so sehr unter Zugzwang, dass wir unseren Kunden kostenfreie Leihwagen geben“, sagt Schlöffel. Zudem seien die Boni vieler Hersteller an die Zufriedenheit der Käufer gekoppelt. Während es in den Zulassungsstellen in Ebersberg und im Landkreis München gut laufe, „ist die Situation in der Zulassungsstelle in der Stadt München eine Katastrophe und absolut nicht tragbar“, sagt Schlöffel. „Wir haben da aktuell eine Wartezeit von bis zu zwei Wochen. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum es immer noch so gravierende Probleme gibt. Der Lockdown ist lange vorbei.“
So wie Nadler und Schlöffel geht es momentan vielen der insgesamt rund 7.000 bayerischen Kfz-Innungsbetriebe überall im Freistaat. „Die Zulassungsstellen bremsen den wirtschaftlichen Neustart unserer mittelständischen Kfz-Händler komplett aus“, sagt Albert Vetterl, Präsident und Landesinnungsmeister des bayerischen Kraftfahrzeuggewerbes. Schon jetzt rechnet das Kfz-Gewerbe mit einem Rückgang der Neuzulassungen um rund 20 Prozent im Jahr 2020. Allein im Mai dieses Jahres lag der Umsatz rund 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau. „Wenn wir dazu weiterhin diese gravierenden Probleme bei den Zulassungsstellen haben, dann werden die wirtschaftlichen Einbußen für unsere Kfz-Innungsbetriebe sogar noch größer“, sagt Präsident Vetterl. Die sieben bayerischen Kfz-Innungen berichten von Problemen überall im Freistaat, beispielsweise in Freising, Ansbach, Regensburg, Tirschenreuth, Donauwörth. „Das bayerische Kfz-Gewerbe erwartet von den Zulassungsstellen, dass sie ihre Verantwortung ernst nehmen und die Autofahrer und den Mittelstand unterstützen. Personalengpässe und IT-Probleme in den Ämtern sind als Entschuldigung auf Dauer nicht akzeptabel“, sagt Präsident Vetterl.
Schon während des Lockdowns, betont Vetterl, habe Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Kommunen darauf hingewiesen, dass die Staatsregierung nicht verfügt habe, „dass Behörden den Parteiverkehr oder gar ihre Tätigkeit komplett einstellen sollen“. Innenminister Herrmann nannte sogar explizit die Zulassungsstellen: „Die Menschen müssen beispielsweise ein Auto an- oder abmelden können, zumal viele beruflich darauf angewiesen sind oder das Fahrzeug vielleicht aufgrund jetzt vermehrt auftretender Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit nicht mehr halten können.“