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AutoBerufe im digitalen Wandel

Wilhelm Hülsdonk (li.), Bundesinnungsmeister des Kfz-Handwerks und ZDK-Vizepräsident, mit einem Auszubildendenen. Foto: ProMotor

Elektromobilität, vernetzte Fahrzeuge, Wartung Over-the-Air (OTA), Werkstatt 4.0 – die Digitalisierung hat das Kfz-Gewerbe längst im Griff. Doch wie sieht die Arbeit von morgen aus? Was erwartet die Generation Z, die mit digitaler Kompetenz bestens ausgestattet ist? Und wie wird sie ausgebildet? Klar ist: Ohne Digitalisierung funktionieren auch Lernen und Lehren nicht.

AutoBerufe liegen in der Gunst der Jugendlichen ganz weit vorn. Rund 92.950 Azubis bildete das Kfz-Gewerbe 2019 aus.¹ Bei den jungen Männern ist der Kfz-Mechatroniker seit Jahren mit Abstand der beliebteste von 326 Ausbildungsberufen in Deutschland und rangierte 2019 auf Platz zwei aller Neueinstellungen.

Damit das so bleibt, müssen sich die Unternehmen einiges einfallen lassen. Bis zum Jahr 2035 wird die Zahl der ausbildungsberechtigten Jugendlichen um rund 20 Prozent zurückgehen. Schon jetzt sinkt die Zahl der Bewerber deutlich und viele Fachkräfte gehen in den kommenden Jahren in Rente. Große Herausforderungen für die Werkstätten und Autohäuser im Wettbewerb um junge Talente.

Auf den Webseiten www.wasmitautos.com und www.autoberufe.de gibt die Nachwuchsinitiative AutoBerufe des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) Hilfestellung. Jugendliche, Betriebe, Eltern, Berufsberater, Lehrer und Ausbilder erhalten Infos rund um AutoBerufe, Ausbildung, Perspektiven im Kfz-Gewerbe und Nachwuchssuche. In digitaler Ansprache – versteht sich.

AutoBerufe ist eine bundesweite Initiative von Automobilherstellern, Internationalen Kraftfahrzeugherstellern, der Robert Bosch GmbH sowie des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). 

Checkpoint

·       Derzeit bilden 28.550 Betriebe im Kfz-Gewerbe Jugendliche aus. Erstmals seit 5 Jahren verzeichnet das Kfz-Gewerbe leicht sinkende Ausbildungszahlen: bei den Kfz-Mechatronikern: -2,61 Prozent, bei den Automobilkaufleuten: -2,37 Prozent.

·       Im Jahr 2019 gab es 71.700 Auszubildende zum Kfz-Mechatroniker.

·       Im Ansehen dualer Ausbildungsberufe belegt der Kfz-Mechatroniker Rang vier.


Birgit Behrens, Geschäftsführerin Berufsbildung beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), über die Arbeitswelt von morgen, digitales Lernen, E-Recruiting und „Future Class“.

Jeder vierte Handwerksbetrieb will aufgrund der Corona-Krise im kommenden Jahr weniger ausbilden.² In einer Zeit, in der jetzt schon der Nachwuchs fehlt. Wie sieht es im Kfz-Gewerbe aus?

Bei den Auszubildenden gab es 2019 im Vergleich zum Vorjahr mit minus 0,43 Prozent nur leicht sinkende Zahlen. Wir sehen Stand September jedoch einige Tendenzen, dass die Betriebe seit der Corona-Pandemie doch weniger Jugendliche ausbilden. Es wird somit eine Fachkräftelücke entstehen.

Aber klar: Die Unternehmen müssen heute mehr denn je um die Jugendlichen buhlen. Den Überhang an Bewerbern gibt es nicht mehr, die Auswahl ist dementsprechend begrenzt. Außerdem sollten sich die Betriebe darauf einstellen, dass ihnen die Fachkräfte nicht wie bisher bis zur Rente die Treue halten, sondern nach fünf bis sieben Jahren den Job wechseln. Sie bleiben aber in der Branche. Und das ist das Wichtigste.

Die Arbeitswelt verändert sich mit der Digitalisierung enorm. Was erwartet die Kfz-Azubis nach der Ausbildung?

Automatisierte Teilebestellung, elektronische Terminvergabe, digitale Diagnosegeräte – das alles gehört längst zum Werkstattalltag. Die Digitalisierung fängt ja schon beim Autokauf im Internet an. Diese Prozesse werden an Intensität zunehmen – beispielweise mit der Wartung von E-Mobilen, Hybriden und Wasserstoff-Autos. Ferndiagnosen und Software-Updates erfolgen teilweise schon Over-the-Air (OTA). Und warum sollen Autos mit autonomen Fahrsystemen nicht irgendwann selbstständig in die Werkstatt rollen? Es wird spannend. 

Jedes Fahrzeug wird aber auch in Zukunft irgendwann zum Reifen- und Bremsenwechsel in die Werkstatt müssen. Dann heißt es schlicht und ergreifend: rauf auf die Hebebühne, Augen auf und in die Hände gespuckt. Der Computer hilft bei der Diagnose, aber schauen muss der Kfz-Profi schon selbst. Digitales mit dem Händischen verknüpfen – das macht den Reiz der AutoBerufe aus.

Die duale Berufsausbildung ist ein deutsches Erfolgsmodell. Warum eigentlich?

Die Azubis können das im Autohaus und in der Werkstatt praktisch Erlernte in der Berufsschule und während der überbetrieblichen Ausbildung in den Bildungseinrichtungen des Kfz-Gewerbes hinterfragen und umgekehrt. Das ist der große Vorteil der dualen Ausbildung und hilft übrigens manchem PS-Freak nach Feierabend beim Tuning des eigenen Autos. 

Wie viel Digitalisierung steckt mittlerweile in der Ausbildung?

Die Hälfte der Azubis nutzt bereits digitale Lernmedien. Viele Berufsschulen und allen voran die Berufsbildungszentren des Kfz-Gewerbes sind da schon gut aufgestellt. Die Vorteile: Digitale Lerneinheiten ermöglichen es den Jugendlichen, ihr eigenes Lerntempo zu bestimmen. Und wer einmal den Fehler im Motor in der 3D-Animation auf der digitalen Lernwand diagnostiziert hat, geht Tage später in der Praxis weniger ängstlich an die Aufgabe. Unser Ziel: So wie die Ausbildungsordnung auf die neuen Antriebe reagiert, muss es in enger Abstimmung mit den Fahrzeugherstellern künftig noch mehr um die Digitalisierung gehen.

In der Pilotphase befinden sich Online-Prüfungen zum Kfz-Mechatroniker. Der Test am Computer lässt sich besser als bisher darstellen, vergleichen und auswerten. Dazu braucht es ausreichend Laptops und ein stabiles Mobilfunknetz, 5 G ist ja leider noch nicht überall Standard. Einige Kfz-Innungen mieten sich deshalb in Hochschulen ein. Spätestens in sechs Jahren wird es keine Papier-Prüfungen mehr geben.

Corona hat die Suche nach und das Anbieten von Ausbildungsplätzen schwer gemacht. E-Recruiting ist aktueller denn je...

Richtig. Betriebe und Jugendliche wurden kalt erwischt. Praktika, Girls´ Day, Ausbildungsmessen, Berufsorientierungstage, das klassische Vorstellungsgespräch – all das war von einem auf den anderen Tag nicht mehr möglich und hat die Jugendlichen verunsichert: Welche Unternehmen bilden überhaupt noch aus?

Unsere Initiative „AutoBerufe – Mach Deinen Weg!“ gibt Betrieben und Bewerbern online Leitfäden in die Hand. Unternehmen erfahren, wie sie digital schon auf der Startseite ihrer Homepage und in den Social Media-Kanälen auf sich aufmerksam machen können und dass Auswahltests, Bewerbungsgespräche oder Tage der offenen Tür auch digital gut funktionieren. Die künftigen Azubis können sich unter www.wasmitautos.com/mach-wasmitautos und über YouTube, Instagram und Facebook zu AutoBerufen, Karriere und Bewerbung informieren. Alles Schritte, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie zuhause sind – in der digitalen Welt.

Der ZDK kümmert sich bereits in den Schulen um Nachwuchs. Das neueste Projekt heißt „Future Class“. Worum geht es?

„Future Class“ unterstützt die Lehrer der 5. bis 7. Klassen je nach Thema mit Dossiers in vielen Unterrichtsfächern. Das digitale Medienpaket, das Interviews, Videos und viele Links beinhaltet, wurde gemeinsam erarbeitet mit dem Verlag für Kinder- und Jugendkommunikation und Lehrerbeiräten. AutoBerufe lassen sich so übrigens bestens vorstellen.

Zu dem aktuellen Jahresthema „Klima und Mobilität“ des Schuljahres 2020/21 gibt es drei Dossiers zu den Schwerpunkten Zukunftstechnologie, gesellschaftliche Relevanz und Berufsbilder. Ergänzt werden die Dossiers durch einen informativen Wissensclip sowie ein Self Assessment für Schüler und Schülerinnen. Alle Materialien eignen sich für den Einsatz im Homeschooling.


¹ https://www.kfzgewerbe.de/presse/publikationen/zahlen-fakten/zahlen-fakten-fuer-das-autojahr-2019.html

² https://www.zdh.de//presse/pressemitteilungen/berufliche-ausbildung-muss-ueber-die-krisenphase-hinweg-weiter-stattfinden/

Letzte Änderung: 08.10.2020Webcode: 0131594